"Square Kilometer Array" (SKA) nennen die Astronomen dieses
Vorhaben, das etwa 1,5 Milliarden Euro kosten wird und damit in der
gleichen Liga spielen soll wie der größte Teilchenbeschleuniger der Welt
am Europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf oder das gigantische
Kernfusionsexperiment ITER im französischen Cadarache. Ziel ist es, mit
all den Radioteleskopschüsseln gleichzeitig ins All zu horchen und so
die Rätsel der Sternentstehung zu ergründen, nach fernen erdähnlichen
Planeten zu suchen und die Grenzen von Albert Einsteins
Relativitätstheorie auszuloten.
Doch derzeit steht für die Wissenschaftler eine ganz andere Frage im
Vordergrund: Wo soll die gigantische Teleskop-Anordnung gebaut werden?
Im Bieterwettbewerb sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen: Australien
und Afrika.
Erhält Afrika den Zuschlag, wird der größte Teil der
Radioteleskopschüsseln in der Wüste Südafrikas aufgebaut, dazu kleinere
Installationen in Ghana und Kenia, auf Maritius und Madagaskar, in
Mosambik, Namibia, Sambia und Botswana. "Die Fussballweltmeisterschaft
hat Afrikas Küstenlinie in Sachen Internet revolutioniert", erklärt
Gordon MacLeod vom südafrikanischen Wissenschaftsministerium. "Mit dem
SKA werden wir diese Entwicklung weiter vorantreiben und viele Städte
und Gemeinden mit schnellen Internetverbindungen versorgen."
Bildunterschrift: Mit einem
Radioteleskop werden astronomische Objekte beobachtet, die
elektromagnetische Wellen im Spektralbereich der Radiowellen ausstrahlen
Lange wurde die afrikanische Bewerbung von den Fachleuten weltweit
nicht wirklich ernst genommen, und alle glaubten, dass Australien mit
seiner langen Tradition in der Astronomie und einer hervorragenden
Infrastruktur das Rennen schon machen würde. Doch dann entschloss sich
Südafrikas Präsident Jacob Zuma zu einer eindrucksvollen Maßnahme: Er
legte 180 Millionen Euro auf den Tisch.
Astronomie als Entwicklungsprogramm für Afrika
Mit dem Geld bauen MacLeod und seine Kollegen jetzt vorab eine
Installation in Südafrika mit 80 Schüsseln auf - und nicht nur das. Sie
wollen bereits dieses Vorläuferprojekt zu einem Jobmotor für Südafrika
entwickeln. "Wir gründen gerade eine Firma, die das alles anschieben
wird: Die Information der Bevölkerung, die alternative Energietechnik,
die Versorgung der Dörfer mit Strom und den Zugang zum Netz", erklärt
MacLeod begeistert. Er rechnet damit, dass auf diese Weise viele kleine
Firmen gegründet werden, welche die neue Infrastruktur nutzen. "All das
wird schon da sein, bevor unsere 80 Teleskope die Arbeit aufnehmen."
Radioastronomie als Entwicklungsprogramm. So könnte es am Ende
gelingen, den Nachteil der afrikanischen Bewerbung in einen Vorteil
umzumünzen, meint auch Charles McGruder, Sprecher der Vereinigung
Schwarzer Physiker in den USA, welche die afrikanische Bewerbung durch
intensive Lobbyarbeit unterstützt. Er glaubt, dass das SKA überhaupt nur
gebaut wird, wenn Afrika den Zuschlag erhält. "Wenn man das Projekt nur
mit Wissenschaft begründen will, wird man Politiker nicht unbedingt
überzeugen können", erklärt McGruder, der an der Western Kentucky
University in den USA arbeitet. Die afrikanische Kandidatur habe aber
noch eine entscheidende zusätzliche Komponente: "Es geht hier darum, die
Entwicklung Afrikas voranzubringen."
Die Australier halten dagegen, dass ihre Pläne deutlich ausgereifter
und risikoärmer sind. Um auch ihrer Bewerbung Nachdruck zu verleihen,
hat wiederum die australische Regierung Geld auf den Tisch gelegt: 33
Millionen Euro für Solaranlagen und Geothermie – damit die
Stromversorgung des "Square Kilometer Arrays" aus sauberen
Energiequellen stammt.
Eine Entscheidung über die Standortfrage für das SKA soll im Jahr
2012 fallen.
Autor: Jan Lublinski
Redaktion: Judith Hartl
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,5692216,00.html