Rund 377.000 Quadratkilometer der Wasseroberfläche sind derzeit
von einer Schicht aus Blaualgen bedeckt, wie der Leiter des
Osteuropabüros des WWF, Jochen Lamp, am Mittwoch (21.07.2010) in
Stralsund mitteilte. Das ist mehr als die Fläche der Bundesrepublik
Deutschland (357.093 Quadratkilometer). Der Algenfilm ist danach 1600
Kilometer lang und 190 Kilometer breit. Er erstreckt sich von Finnland
bis in die Pommersche Bucht vor Greifswald und nordwestlich von Rügen.
Von den deutschen Küstengewässern sind laut WWF besonders das
Oderhaff und der Strelasund betroffen. Nach Angaben des
Gesundheitsministeriums in Schleswig-Holstein sind die Küsten des Landes
aber noch algenfrei. Die Qualität der Badegewässer sei nicht
beeinträchtigt.
Uralt und manchmal tödlich
Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Schlägt Alarm: der Leiter des WWF-Ostseee-Büros, Jochen Lamp
Algenblüten seien eigentlich ein natürliches Phänomen, sagte Lamp.
Die Sommerhitze und der hohe Nährstoffeintrag durch die Landwirtschaft
führten jedoch zu einer explosionsartigen Vermehrung der Algen. Riesige
Algenteppiche schadeten in erster Linie der Meeresumwelt. Wenn die
Pflanzen absterben, bilden sich nach Angaben Lamps regelrechte
Todeszonen ohne Sauerstoff am Meeresgrund. Dabei werde besonders viel
Sauerstoff verbraucht. Außerdem entstehe giftiger Schwefelwasserstoff,
der allen Organismen schade.
Blaualgen sind uralte Lebewesen und wahrscheinlich schon seit 3,5
Milliarden Jahren auf der Erde. Es gibt rund 1500 verschiedene Arten,
die unterschiedliche Farben annehmen können. Einige von ihnen
produzieren Nerven- und Lebergifte, die Fische und Vieh töten können.
Auch bei Menschen kann es zu Hautreizungen und Vergiftungen kommen.
Kontraproduktive Landwirtschaftspolitik
Das größte Problem ist die Überdüngung durch die Landwirtschaft. Über
Flüsse und Bäche gelangen große Mengen von Stickstoff und Phosphor aus
Düngemitteln ins Meer, die bei entsprechenden Wetterbedingungen die
Algenblüte vorantreibt. Der WWF fordert deshalb von den Anrainerstaaten
strengere Maßstäbe für die Einträge aus der Landwirtschaft und ein
ostseeweites Verbot von Phosphaten in Waschmitteln.
Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Blaualgen im Hafen von Stralsund
Es sei kontraproduktiv, wenn in Schweden die Düngemittelsteuer
abgeschafft und damit der Verbrauch angeheizt werde, erklärte
WWF-Osteuropachef Lamp. In Mecklenburg-Vorpommern sei gar das
Landeswassergesetz so geändert worden, dass jetzt bis auf einen statt
wie bisher auf sieben Meter an Gräben oder Bäche gedüngt und gespritzt
werden dürfe.
Zum Schutz der Ostsee gehöre auch eine konsequente Reinigung der
Abwässer von Fähren und Kreuzfahrtschiffen, sagte Lamp. Die Abwässer
müssten während der Liegezeit in den Häfen entsorgt werden. Derzeit
gelangten jährlich schätzungsweise 340 Tonnen Stickstoff und 112 Tonnen
Phosphor aus Passagierschiffen in die Ostsee.
Autor: Gerhard M Friese ( dpa, afp, apn, epd)
Redaktion: Hajo Felten